September 30, 2017 christoph

Verkannte Wahrheiten -2-

Ein Erlebnisbericht

 

Hunde haben eine große Gemeinsamkeit mit Menschen, denn Hunde können nicht nicht kommunzieren.
Jede Geste, jede Mimik, jedes Kopfdrehen oder sogar Augenzucken, jedes Mundwinkel ziehen, jedes Haar am Körper spricht zu uns und mit ein bisschen Übung können wir unseren Hund lesen lernen.

Doch was bedeutet dies für das Zusammenleben mit Hunden?
Schauen wir uns einmal nachfolgende Situation an…

Letzte Woche traf ich mit Filou einen Halter mit einem mittelgroßen, kniehohen Hund.
Aufgrund der tabsigen und unkontrollierten Gangart des Hundes, dachte ich mir, dass es sich sicherlich um einen Welpen/ Junghund handeln könnte und begann Filou in Bezug auf den näherkommenden Hund einmal genauer zu beobachten.

Dabei zeigte Filou folgende Verhaltensweisen bei Annäherung des anderen Hund-Menschen-Gespanns:

  • Hund fixieren mit leichtem Anheben der Rute
  • Am Grasrand schnüffeln
  • Urinieren
  • Hund fixieren und Aufrechtstellen der Rute
  • Blickkontakt zu mir
  • Kurzes Lecken des Fangs
  • Wieder am Grasrand schnüffeln
  • Blickkontakt zu mir
  • die Leine anspannen

Als dann der Halter mit seinem Hund näher auf uns zu kam, fragte mich der Halter, ob die Hunde sich einmal begrüßen dürften. Ich sagte, dass ich dies davon abhängig machen würde, was mein Hund in dieser Situation möchte. Der Halter war sichtlich irritiert von meiner Aussage und argumentierte dann, dass er einen 21 Wochen alten Junghund habe und er es sehr wichtig finde, dass sein Hund möglichst viele unterschiedliche Kontakte hat.
Gemeinsam mit dem Halter ließ ich mich auf ein kleines Begegnungsprojekt ein, das als einzige Vereinbarung ein Aufeinandertreffen ohne Leine und Halsband bedeutete.

Kurz bevor wir also unsere Hunde ableinten, bat ich darum, dass sich die Hunde nicht gegenüber stehen.

Der Halter fragte nach dem Grund und ich erklärte ihm, dass es in vielen Konfliktsituationen von Hunden darum geht, dass Respekt und Kommunikationsformen unterschiedlich wahrgenommen und ausgetauscht werden.
Wir als Halter können dabei helfen, wenn wir wissen, dass sich Hunde in freier Wildbahn ohne den Menschen niemals direkt aufeinander zu bewegen würden, um einen anderen Hund kennenzulernen. Stattdessen umlaufen sich Hunde häufig, um bereits vor der direkten Kontaktaufnahme, die in der Luft befindlichen Hormon- und Duftpartikel aufzunehmen und die Körpersprache des anderen Hundes zu lesen. Hunde sind generell stets darauf bedacht so wenig Energie, wie möglich einzusetzen und würden sich in Konfliktsituationen eher entziehen, als sich dieser bewusst auszusetzen.

Also stellten wir uns mit einem gewissen Abstand nebeneinander auf und leinten dann unsere Hunde ab. Selbstverständlich haben sich die Hunde direkt aufeinander zubewegt aber durch die Freigabe konnten sie sich erstmal beschnuppern ohne direkt schon beim Ableinen oder auch schon davor das Gefühl von „Guck nicht so blöd, dich mach ich platt“ zu entwickeln.

Dabei beobachteten der Halter und ich gemeinsam folgende Verhaltensweisen, die wir auch stets miteinander austauschten:

  • Hunde bewegen sich auf einander zu
  • Junghund kommt in direkter Linie zu Filou
  • Junghund hat dabei eine Vorderkörpertiefstellung und legt sich vor Filou nieder
  • Filou erstarrt und hat die Rute in wedelnden Bewegungsformen erhoben (Ich unterscheide zwischen leicht-kreisend und wedelnd)
  • Junghund dreht sich auf den Rücken und wendet den Blick ab
  • Filou geht ebenfalls in Vorderkörpertiefstellung
  • Junghund verlässt Rückenlage und dreht sich auf den Bauch und leckt Filou um’s Maul
  • Filou macht den Mund auf und zeigt Spielaufforderungsgesten
  • Beide Hunde laufen los und rennen über den Acker
  • Dabei lässt sich immer wieder beobachten, wie im Wechselspiel einer der Hunde auf dem Boden liegt und der andere „erhaben“ darüber steht und sich beide zum Fangen motivieren
  • Oder wie beide auf dem Bauch liegen und immer wieder mit ihren Mäulern versuchen einander zu berühren

Nach einem Intermezzo von 12 Minuten kam Filou zurück zu mir und blieb bei mir stehen. Für mich ein Anzeichen, dass wir weitergehen konnten.
Als der Junghund dann näher kam, drehte sich Filou weg und stellte sich hinter mich.
Ich wünschte also dem Halter einen schönen Tag und wollte mit Filou weitergehen, als dann der Junghund noch einmal von hinten ansetzte und Filou in die Rute zwickte. Daraufhin drehte sich Filou mit einem 180°-Sprung kurz um und zog die Lefze. Der andere Hund quiekte kurz auf und rannte zu seinem Herrchen, der seinen Hund sofort anfing zu trösten. „Ach, war doch gar nicht so schlimm, du Schissbuchse…“

Bitte machen Sie sowas nicht. Denn durch diesen Zuspruch bekommen Hunde eine Wertung und ein Zugeständnis, dass die erfolgte Situation, die schlimmste Aktion seines/ihres jungen Lebens war. Dadurch entstehen schon die ersten Aversionen, weil der Hund lernt „Oh je, dass war ganz schlimm und mein Herrchen fand das auch ganz furchtbar“.
Lassen Sie solche Situationen in der Regel unkommentiert und gehen Sie einfach weiter, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Das kleinste Anschauen, streicheln oder ansprechen reicht schon aus, um den Hund zu beeinflussen.

Folgt Ihr Hund Ihnen, loben Sie ihn kurzzeitig mit einem „Super, Gut oder sonstigen Wort,was dem Hund signalisiert, dass er jetzt gerade richtig reagiert hat“.

 

An diesem Beispiel möchte ich einmal verdeutlichen, wie genau wir in vielen Bereichen hinschauen müssen und wie viel Spass es machen kann Hunde zu beobachten. Es ist wichtig, dass wir unseren Vierbeinern die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen und dass wir uns nicht von Smartphones ablenken lassen und somit wichtige Reaktionszeiträume verpassen. Schauen Sie sich Ihren Hund einmal genau an und fragen Sie sich „Ist mein Hund sozial kompetent und wenn ja, woran machen Sie dies fest?“

Ich würde mich gerne dazu mit Ihnen austauschen und Sie zu einer gemeinsamen Beobachtungstour einladen, denn mein Wunsch ist es, dass Sie Ihren Hund besser verstehen lernen und dazu gehört es, dass Sie Ihren Hund lesen lernen, damit Sie demnächst wieder im Einklang miteinander leben können.

Was sagt Ihnen dieser Blick?
Lächelt Filou Sie an oder wirkt er bedrohlich auf Sie?
Die Körpersprache des Hundes ist sehr vielseitig und wir sind eingeladen genauer hinzusehen.